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Oberflächlichkeit und Tiefenrausch

(Die Gegenwart in Hypertext und Hypermedia)

[44/99]


Martin Krusche
de nada


Die Postmoderne gilt als Abschnitt, der auf Tiefe eher verzichten läßt und zum Verweilen an der Oberfläche einlädt. So zumindest der Befund aus einigen Diskursen darüber, wohin sich die Moderne selbst modernisiert habe.
Die aktuelle Mediensituation, gefaßt in Hypertext und Hypermedia, läßt beides gleichermaßen zu. Folglich auch alle Zwischenstufen. An der Oberfläche zu bleiben, in die Tiefe zu gehen, unmermeßliche Tiefen auszuloten. In eher spielerischen Verfahrensweisen, mit Schnittstellen zu EDV-gestützten Systemen, die Simulationswelten als "Parallelrealität" anbieten.

Hypermedia
Mit Hypermedia meine ich jene zeitgemäße Entwicklung von Medienverbund, welche uns vor einigen Jahren noch als Multimedia schmackhaft gemacht wurde. Multimedia war jenes kühne Vorhaben, verschiedene Medientypen zu Paketen zu kombinieren, in denen wir dann etwa eine Diashow mit Begleitmusik vorgesetzt bekamen, um ambitionierte Lyrik zu rezipieren. Das Packerl enthielt neben der Box mit Dias auch eine Musiccassette (MC) und ein hübsches Begleitheft.
Heute gibt's statt dieses Packerls schlicht eine Compact Disc (CD), da die verschiedenen Medientypen inzwischen alle mit den gleichen, chipgesteuerten Maschinen gehandhabt werden. Diese radikal neue Medienkohärenz auf technischer Ebene ist inzwischen auch für Personal Computer (PCs) umgesetzt, so daß der Zugriff auf dieses neue Hypermedium für uns erschwinglich wurde. Das bedeutet: Medienhandhabungen, die eben noch diesem oder jenem Spezialistentum vorbehalten waren, sind so greifbar geworden wie beliebige Haushaltsgeräte.

Hypertext
Die Konvertierung des Packerls (Box mit Dias, Musikcassette, Begleitheft; oder jede andere Konfiguration) zur CD geschieht via Hypertext. Das ist eine nichtlineare Textform, in der Texte, Bilder Töne – also alles was digitalisiert werden kann – sich zu einem gemeinsamen Dokument verbinden lassen, das an jeder beliebigen Stelle mit jeder anderen beliebigen Stelle verknüpft werden kann. Nicht nur mit Passagen innerhalb des jeweiligen Hypertxtdokumentes, sondern auch mit jedem anderen, weltweit verfügbaren, über das Internet aufrufbaren Dokument.
Das heißt auch, daß die Rezeption den Zeitpfeil einer linearen Erzählung (von vorne nach hinten, oder von hinten nach vorne, oder mit beliebigen Sprüngen auf dieser Linie) jederzeit ignorieren kann. Es steht einem frei, über die vorhandenen Verknüpfungen (Links) in einer Serie endloser Bifurkationen die verfügbare Erzählung tausendfach neu zu lesen. Was zur Annahme führt, daß man als auf diese Art Lesender selbst zum Autor werde.
Das Durchlaufen jener Gabelungen, die zu immer neuen Zuständen (der Erzählung und der Lesenden) führen und deren Verlauf irreversibel ist, gilt als ein Grundmodell in Chaostheorien. Freilich wäre es möglich, daß man solche Wege durch den Hypertext mittels geeigneter Software protokolliert, um sie wiederholbar zu machen. Daß interessiert in der Regel bloß niemanden. (Außer vielleicht Chefs, die wissen wollen, was ihre Angestellten während der Dienstzeit im Web treiben.)

Stop & Go
Die grafische Schnittstelle (Benutzeroberfläche) beim Zugang zu dieser Parallelrealität kommt wesentlich mit einigen Bedienungselementen (vorzugsweise als "Buttons", grafische Knöpfe) aus. In der simpelsten Bedeutungsfassung etwa so:
· GO: "Los! Ich will wissen, was das ist."
· STOP: "Halt! Äh ..."
· INFO: "Kann mir wer sagen, was das bedeutet?"
· KONTEXT: "Weiß jemand, womit das noch zusammenhängt?"
· EXIT: "Danke, mir reicht´s!"

Mythos vom Gesamtwissen
Der Mythos vom "Gesamtwissen" (als Bildungsideal) ist ohnehin passé. Vermutlich war schon Aristoteles der letzte evidente Mensch, welcher sowas wie das "gesamte Wissen der Welt" intus hatte ... was selbstverständlich das kanonisierte Wissen eurozentrischer Buchhalter meint.
Aber auch die zeitgemäße Spielart, ein gewisses Kompendium an Wißbarem als Voraussetzung für irgendwas zu behaupten, zum Beispiel als Kennzeichnung für "gebildete Leute", ist im Data Overflow der Gegenwart gesunken. Mit wehenden Fahnen, wenn man so will. Es gibt folglich keine legitime Aufforderung mehr, so oder so weit in Wissensmögliches vorzudringen.
Es gibt die Matrix, in der "das Wissen der Welt" soweit deponiert ist, als Personal mit Medienzugang es herankarrt. Navigationsfähigkeit wird da zur unverzichtbaren Kulturtechnik. Die neuen Schnittstelle öffnen alle Wegvarianten darin ohne Appell. Ohne Aufforderung, ein bestimmtes Pensum zu rezipieren.
Man muß ebenso direkt von GO zu EXIT gehen dürfen, wie über jede andere Verzweigung. Es muß einem auch freistehen, zu stranden. Das ist vielleicht eine sehr radikale Art von Bildungsautonomie, die keinen Zuruf seitens irgendeiner Priesterschaft braucht. Klugscheißer sind unerwünscht. Falls sie sich aufdrängen, werden sie per Flames weggewiesen oder bleiben überhaupt ungehört. (Flames sind rüde Botschaften an hartnäckige Nervensägen.) Damit hat sich die Sache.
Das war die gute Nachricht ;-))

°°°°°°°°°°

Feedbak: krusche@van.at

Ein Beitrag zu:
ak3 – Kulturelle Kompetenz • Medienkompetenz • Public Access
online unter http://www.van.at/ak3.htm

ACHTEN SIE DIE UHRHEBERRECHTE!

updated: 31.10.1999 by martin krusche
 
 
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