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Avantgarde

[48/99]

Walter Grond
de nada


Bis zu meinem Scheitern im Forum Stadtpark Graz (März 1997) war für mich das Ringen um einen erweiterten Literaturbegriff mein zentrales Thema und bedeutete: Hinterfragung der künstlerischen Handlungsfähigkeit im Kontext der Avantgarde.
Unter Handlungsfähigkeit hatte ich in den siebziger Jahren – als Mitherausgeber der Zeitschrift "Nebelhorn" und Mitarbeiter der "Videoinitiative Arbeiter machen Fernsehen" – die Überschreitung des Schreibaktes in Richtung politisches Engagement verstanden. Mitte der achtziger Jahre war ich Mitglied des Forum Stadtpark geworden und hatte mich im dortigen Literaturreferat als Reformer an einem Kanon definiert, der Avantgarde als historisches Verdienst der Gründer-Generation vorstellte und darüber bestimmte, wer sich in Nachfolge die darin einreihen dürfe. Avantgarde bezog sich nicht auf eine bestimmte Ästhetik und Form des Schreibens, sondern auf die Zugehörigkeit zu einer literarischen Elite, die über die Trennung zwischen guten und schlechten Autoren wachte. Das Projekt Avantgarde bedeutete also eine Art Literaturgeschichte in progress, es ging darum, die Geschichte vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Ich wurde dabei mehr und mehr zu einem Macher. Damit unzufrieden, versuchte ich Ende der achtziger Jahre, in Analogie zu Modellen aus der Bildenden Kunst (Joseph Beuys, Martin Kippenberger) den Literaturbegriff um die Thematisierung seiner Betrieblichkeit zur erweitern: das fünfjährige Projekt ABSOLUT machte die Problematik einer etablierten Avantgarde zum Gegenstand. Ich trieb meine eigene Widersprüchlichkeit – nämlich etablierter Macher und gleichzeitig dessen Kritiker und Gegener zu sein – auf die Spitze, dies als das letztmögliche große Experiment im Kontext der Avantgarde verstehend: wenn schon zum bürgerlichen Betrieb geworden, sollte die Avantgarde Aufträge an AutorInnen vergeben und diese finanziell genauso hoch dotieren können wie das bürgerliche Theater.
Anfang der neunziger Jahre registrierte ich auch, daß junge AutorInnen heranwuchsen, die sich für das Forum Stadtpark trotz dessen internationalen Rufs nicht mehr interessierten. 1995 zum Vorsitzender des Hauses geworden, versuchte ich, darauf zu reagieren und das Forum in Richtung eines offenen Kulturhauses zu verändern. Dabei scheiterte ich gänzlich.
Mein Scheitern bescherte mir eine Einsicht: daß nämlich heute Medien und Industrie nicht nur jegliches Andersdenken sofort vereinnahmen können, sondern daß die Vorstellung von Avantgarde in die Medienwelt nicht übergeführt werden kann. So kann ich heute wesentlich gelassener über mein eigenes Leben nachdenken. Nicht mehr zu einer Gruppe zu gehören, die die Gesetze und die Richtung der Geschichte bevorzugt zu kennen vorgibt, macht andererseits das eigene Schreiben schutzloser und zwingt mich zu größerer Genauigkeit.

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Respektieren Sie bitte die Rechte des Autors. Diese online-Fassung ist nur zur privaten Lektüre verfügbar.
mail: grond@magnet.at
web: http://www.van.at/grond.htm

updated: 01.12.1999 by martin krusche
 
 
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